Hört uns einfach mal zu

Social Media und das Kunden-Feedback

Mein Navigationssystem hat ein Feedbackproblem. Es meldet mir Update-Erfolge, nach denen ich nicht gefragt habe und verlangt nach Aufmerksamkeit wie ein zu kurz gekommener C-Promi. Wie schön, dass ich als Kunde schnell und unkompliziert mit dem Anbieter via Social Media in Kontakt treten kann. Allerdings habe nun auch ich ein Feedbackproblem.

Aller Anfang ist harmlos.

Morgens steige ich gern in mein Auto. Zwar habe ich das Rennen um den warmen Parkplatz dauerhaft verloren, aber dank einer aus der Ferne bedienbaren Standheizung ist das Losfahren selbst im Winter eine große Freude. Diese Freude wird aber manchmal durch Kleinigkeiten getrübt. Dass mich das Auto mit einem Rechtschreibfehler begrüßt, ist blöd, aber durchaus zu verschmerzen. Die Updatefunktion des Navigationssystems dagegen entwickelt sich ernsthaft zu einem Ärgernis. Oft mehrfach während einer Fahrt gibt es eine große Meldung im oberen Displaydrittel, die sinngemäß besagt, dass der Europa-Kartensatz für das System gerade online aktualisiert wird. Kurz darauf erhalte ich die Nachricht, dass die Daten jetzt aktuell seien. Das beruhigt total.

Nein, tut es nicht. Es ist fürchterlich ärgerlich und aus Sicht der Software-Ergonomie eine echte Eselei: Es wird zum einen nicht kommuniziert, WAS da nun gerade aktualisiert wird und zum anderen ist es mutmaßlich in FAST JEDEM Fall völlig unerheblich, ob irgendein Feldweg in der Nord-Toskana oder eine Verkehrsberuhigung in Wanne-Eickel gerade ins System eingepflegt wurde. Die einzige für den Anwender verwertbare Information ist es, dass das System gerade funktioniert. Davon aber möchte ich ausgehen können, ohne dass ich ständig durch Meldungen abgelenkt werde, die mir subtil mitteilen: »Huhu, ich bin Dein Navigationssystem, stehle Dir Deine Aufmerksamkeit und wollte nur eben sagen, dass ich Gutes für Dich tue. Was, das verrate ich nicht *zwinker*«

Das lässt sich offenbar auch nicht abstellen. Scheinbar hat da irgendein Nerd in der Entwicklerbude einen Moment lang frei drehen dürfen, oder aber der Debug-Modus wurde vor Auslieferung nicht abgeschaltet.

Warum aber erzähle ich das?

Viele Unternehmen, so auch der deutsche Premiumhersteller, von dem ich ein Produkt fahren darf, betreiben auch ein Social-Media-Engagement. Das ist erst einmal ehrenwert. Es scheint aber so zu sein, dass die enorme Chance, die den Unternehmen daraus erwächst, ebenso wenig in die Chefetagen durchgesickert ist wie die Risiken, die neu entstehen. Sonst wäre es nicht zu erklären, dass die entsprechenden Kanäle ebenso bespielt werden wie früher Papiermailings oder E-Mail-Newsletter - als reine Verbreitungskanäle.

Ich habe meine Anmerkung auf Facebook geäußert und sie wurde tatsächlich behandelt. Nach einem freundlichen Autoresponder, der offenbar eine schnelle Antwortzeit suggerieren soll, übernehmen dann Socialmedia-Manager, die den Fragenden mit warmen Floskeln abspeisen, sich betont unbändig über die Anfrage freuen und um etwas Geduld bitten. Vor dem geistigen Auge entsteht das Bild eines eifrigen Menschen, der mit meinem Anliegen auf einem Zettel in der Hand ins Entwicklerbüro eilt, um die wichtigen Verbesserungsvorschläge an die entsprechenden Stellen weiterzuleiten.

Danach geschieht. Nichts.

Ich habe das mit mehreren kleinen wie großen Unternehmen probiert, das Ergebnis war im Wesentlichen identisch. Freundlich, nichtssagend, unverbindlich. Oder stumm.

So vergeben sich die Hersteller ohne Not große Chancen, Ihre Produkte wirklich vom Bedarf des Kunden getrieben zu verbessern. mamit sind wir auch schon beim Risiko angekommen: Wird man als Kunde so gar nicht gehört und einfach nur Mit warmen Worten abgespeist, geht der Schuss komplett nach hinten los und verärgert mehr, als gäbe es gar kein Social Media Engagement.

Also, liebe Hersteller, »hört mal lever ´n beten to«