Die Freiheit, die Couch, der Bundestrainer

Uns umgibt ein großer Luxus, der leider nur dann als solcher erkannt wird, wenn man auch das Fehlen desselben erlebt hat: Wir leben seit Ende des zweiten Weltkriegs in der längsten Phase von Frieden und Freiheit in der deutschen Geschichte. Dennoch gibt es inzwischen Kräfte am linken und rechten Rand des politischen Spektrums, die diesen Luxus durch andere, in meine Augen fragwürdige Zustände oder Ideologien ablösen wollen, mit mehr oder weniger friedlichen Mitteln.

Der Blick von der Couch produziert auch bei der Betrachtung politischer Geschehnisse ein ähnliches Phänomen, wie es bei jeder größeren Meisterschaft im Fußball entsteht - von der Seitenlinie auf dem heimischen Sofa erhebt sich die Stimme von ca. vierzig Millionen Bundestrainern, die alle genau wissen, wie die jeweilige Meisterschaft hätte gewonnen werden können.

Im vergangenen Jahr reifte bei mir die folgende Erkenntnis: Ich will kein Bundestrainer sein, und schon gar nicht einer der oben beschriebenen Art. Die politische Teilhabe steht in Deutschland durch die Teilnahme an Wahlen frei, ebenso das Engagement in einer politischen Partei. Also musste ein Parteibuch her (auch wenn das heute nur noch eine kleine Plastikkarte ist, wie sich etwas später herausstellte). Das Parteibuch sollte dabei nicht eine Zugehörigkeit dokumentieren, sondern den Wunsch nach echter Teilhabe an politischen Prozessen.

Die Auswahl der (für mich) "richtigen" Partei ließ sich recht einfach im deutschen Parteienspektrum durch das Ausschlussverfahren bewerkstelligen:

  • Die Linke. Wer als Partei das Erbe der SED antritt, sich nicht von der DDR als Unrechtsstaat distanzieren kann, ist in meinen Augen unwählbar. Zudem strebt die Linke einen derartigen Umbau unseres Gesellschaftssystems an, dass mir angst und bange wird.
  • AfD Die Partei ist nicht einmal die Karikatur einer Alternative. Wer Faschisten in seinen Reihen beherbergt und ansonsten außer der Anbiederung an den Bodensatz völkischer Ideen und plumpen Nationalismus nichts an Konzepten zu bieten hat, den darf man nicht einmal aus Protest wählen. Von den zahllosen Entgleisungen und "Kompetenzbeweisen" des rekrutierten Personal zu sprechen würde den Rahmen dieser Aufzählung sprengen.
  • Die Grünen Diese Partei habe ich in früheren Jahren tatsächlich mal gewählt, als sie eine frische Kraft im Bundestag war, die sich den Umweltschutz auf die Fahnen geschrieben hatte. Heute ist der Ansatz vieler Grüner eher ein deutlich linksorientierter Umbau unseres Gesellschaftssystems mit einem steten Wechsel der Forderungen zwischen immer neuen bevormundenden Verboten oder dem Wunsch nach immer neuen Anrechten, die bitte ein immer stärkerer Staat zu garantieren habe.
  • SPD Deutschland hat in seiner Geschichte der SPD tatsächlich sehr viel zu verdanken. Merke: "in seiner Geschichte". Der SPD ist inzwischen - von der eigenen Führung anscheinend unbemerkt - ihre Kernwählergruppe abhandengekommen. DEN entrechteten Arbeiter gibt es nicht mehr. Spricht man mit Arbeitnehmern in anderen Teilen der Erde, kommt man schnell auf Deutschland als ein Paradies der Werktätigen, bezogen auf die Arbeitnehmerrechte. Die SPD hat sich derweil irgendwelchen kruden Ansätzen von Identitätspolitik verschrieben, um so neue Wähler zu finden. Fein. Sollen sie. Der Erfolg ist an den Wahlergebnissen der letzten Jahre direkt abzulesen.
  • Diverse Kleinparteien Mehr oder weniger Verstrahlte, Ein-Themen-Parteien oder sogar Spaßvögel haben selbstverständlich auch das Recht, im Rahmen der geltenden Gesetze eine politische Partei zu gründen. Das dürfen sie gern, damit wollte ich mich aber nicht beschäftigen, soviel Zeit für - in meinen Augen - mindersinnvolle Aufgaben habe ich nicht.
  • CDU Konservative Werte sind mir grundsätzlich sehr sympathisch. Früher war nicht alles besser, aber es war auch nicht alles schlecht. Wenn ich allerdings zwischen Ordnung und dem folgenden Wert zu wählen habe, dann ist die Wahl klar.
  • FDP Die Partei trägt den fundamentalen Grundsatz FREIHEIT bereits im Namen. Das ist großartig. Wie tragisch ist es dann, dass die Partei dieser großartigen Idee oft nur als "Besserverdienerpartei" verkürzt dargestellt wird. Freiheit bedeutet einen schlanken Staat, der die Würde des Einzelnen im Rahmen unseres famosen Grundgesetzes schützt. Freiheit ruft nach Bildung, die jedem Menschen die Chance verspricht, im Rahmen seiner eigenen Möglichkeiten (und seines eigenen Willens) aufzusteigen. Freiheit ruft nach Fortschritt und Technologie, die die Probleme der Menschen löst, nicht nach rückwärtsgewandten Verboten. Freiheit mischt sich nicht ein in das Leben der Menschen - nur soweit, wie es nötig ist, um unser Gemeinwesen für alle sicher und zukunftsfähig zu gestalten.

Das alles kann Freiheit. Darum bin ich Mitglied der FDP geworden. Wer nur auf dem Sofa bleiben will anstatt sich einzubringen, sollte bitte auch das Meckern lassen.

Und ja - natürlich ist in der FDP nicht alles toll. Sonst würde die Partei nicht immer am Rand der 5%-Hürde herumdümpeln, obwohl der freiheitliche Gedanke in unserer Gesellschaft ganz sicher ein deutlich zweistelliges Potential hat. Dafür, dass sich das ändert, möchte auch ich zukünftig werben, durch Gespräche, Mitdenken und Mitarbeit. Heute mit einem Klaus Lage - Zitat:

Ihr müsst sie nur einmal mit meinen Augen sehn,